Kindergedichte

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Mein Kind, wir waren Kinder
Heinrich Heine (1797-1856)

Mein Kind, wir waren Kinder,
zwei Kinder, klein und froh.
Wir krochen ins Hühnerhäuschen,
versteckten uns unter das Stroh.

Wir krähten wie die Hähne
und kamen Leute vorbei -
“Kikereküh! sie glaubten
es wäre Hahnengeschrei.

Die Kisten auf unserem Hofe,
die tapezierten wir aus
und wohnten drin beisammen
und machten ein vornehmes Haus.

Des Nachbars alte Katze
kam öfters zum Besuch.
Wir machten ihr Bückling und Knickse
und Komplimente genug.

Wir haben nach ihrem Befinden
besorglich und freundlich gefragt.
Wir haben seitdem dasselbe
mancher alten Katze gesagt.

Wir fuhren allein im dunkeln
Postwagen die ganze Nacht.
Wir ruhten einander am Herzen,
wir haben gescherzt und gelacht.

Doch als es morgens tagte,
mein Kind, wie staunten wir!
Denn zwischen uns saß Amor,
der blinde Passagier.

Wir saßen auch oft und sprachen
vernünftig, wie alte Leut',
und klagten, wie alles besser
gewesen zu unserer Zeit.

Wie Lieb' und Treu' und Glauben
verschwunden aus der Welt,
und wie so teuer der Kaffee
und wie so rar das Geld!

Vorbei sind die Kinderspiele,
und alles rollt vorbei.
Das Geld und die Welt und die Zeiten
und Glauben und Lieb' und Treu'.

 

 

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